Sturla Holm Lægreid und Lisa Vittozzi machen beim 5. City Biathlon in Wiesbaden das Rennen

14.08.2023

Biathlon

Wenn das „Bowling Green“ zum Schießstand wird und die Straßen zu Loipen, dann ist wieder City Biathlon in Wiesbaden. Sportliche Spannung und sommerliche Atmosphäre verschmolzen am 13. August 2023 bei der fünften Auflage dieses Biathlon-Wettkampfs im Herzen der hessischen Landeshauptstadt erneut zu einem besonderen Erlebnis. Nach dreijähriger Pause war auch das Team des Hessischen Skiverbandes mit den Wiesbadener Vereinen Skiclub Untertaunus und TuS Wiesbaden-Rambach wieder mit einem Stand im Rahmenprogramm vertreten. Hier konnten Interessierte sich über Schneesportangebote, Fahrten und Ausbildungen informieren oder ihre Geschicklichkeit im Cornhole oder Laserbiathlon unter Beweis stellen. Nebenan hatte der Willinger Lehrertrainer Michael Schulenberg mit Unterstützung einiger Sportler/innen des SC Willingen einen Talentsichtungsparcours aufgebaut, wo Kinder und Jugendliche die herausfordernde Komibination von schnellem Laufen und treffsicherem Schießen testen konnten. Dazu gab es bei Bedarf für Kinder und Eltern Informationen zum Bundesstützpunkt und Skiinternat in Willingen. Auch wenn das Rahmenprogramm diesmal nicht direkt an der Laufstrecke des City-Biathlon lag, waren alle Angebote fast durchgängig gut besucht. 

Das Treffen der Weltelite der Skijäger aus neun Nationen zog sowohl Sportbegeisterte als auch neugierige Zuschauer gleichermaßen an – rund 12.500 Interessierte standen an der Strecke oder saßen auf den Tribünen vor der prachtvollen Kulisse des Wiesbadener Kurhauses. Und sie wurden nicht enttäuscht: Unter perfekten äußeren Bedingungen lieferten sich die Athletinnen und Athleten auf Skirollern packende Duelle auf dem 1,4 Kilometer langen Rundkurs. Das Schaulaufen der vielen Olympiasieger, Weltmeister und Weltcup-Gewinner zeigte, dass die Verschmelzung von Ausdauer und Präzision genauso mitreißend ist, wenn die Straßen der Stadt die Bühne für sportliche Höchstleistungen bilden. Beim Aufeinandertreffen der Wintersport-Stars aus dem Weltcup-Zirkus hatte Sturla Holm Lægreid aus Norwegen im Finale der Herren die Nase vorne. Bei den Damen trug sich nach 2019 erneut Lisa Vittozzi aus Italien in die Siegerliste ein. Neben dem spannenden Wettbewerb als Vorgeschmack auf die anstehende Biathlon-Saison fanden zudem noch die Youngster Team-Challenge mit hessischer Beteiligung sowie ein bewegendes Abschiedsrennen statt, bei dem mehrere herausragende Athletinnen ihre Karrieren beendeten.

Nach der Pause im vergangenen Jahr konnte Wiesbaden wieder eindrucksvoll unter Beweis stellen, dass Biathlon eine Magie besitzt, die den Sport einzigartig macht. Und so war es auch beim 5. City Biathlon, bei dem die wilde Hatz durch die Innenstadt nur durch einen Zwischenstopp am „Bowling Green“ unterbrochen wurde, weil man dort am 50 Meter langen Schießstand seine Treffsicherheit beweisen musste. Im Feld der Herren standen alleine sechs Skijäger, die in der vergangenen Weltcup-Saison in den Top Ten landeten. Der Wiesbadener Titel bei den Herren ging bei seiner Premiere direkt an Sturla Holm Lægreid, der schon die Qualifikation für sich entscheiden konnte. Es war eine beeindruckende Vorstellung des Zweitplatzierten der Weltcup-Saison 2022/2023, der 7,2 Sekunden Vorsprung vor Roman Rees hatte – der von den lautstarken Anfeuerungen der Zuschauer getragen wurde. „Ich hatte heute schon das Ziel, auf dem Podium zu landen. Deswegen bin ich auch sehr angriffslustig ins Rennen – und das hat sich ausgezahlt. Wobei ich auch sagen muss, dass es schon recht hart war. Die neue Strecke ist noch mal ein Stück kraftraubender als die alte“, sagte der Freiburger Rees. Hinter dem Deutschen landete Tarjei Bø auf dem dritten Platz. Der Norweger wollte eigentlich mit seinem Bruder gleichziehen, denn Johannes Thingnes konnte das Innenstadt-Spektakel schon zwei Mal für sich entscheiden. Doch der dreimalige Olympiasieger und elffache Weltmeister musste sich mit 19,1 Sekunden Rückstand mit Bronze begnügen. Für den Schwarzwälder Benedikt Doll sprang in der Endabrechnung des City Biathlons der sechste Rang heraus. Wie schon 2019 stand im Finale der Damen Lisa Vittozzi ganz oben auf dem Siegerpodest. Die Italienerin überzeugte durch ihre wahnsinnig schnellen Schießeinlagen und setzte sich mit einem großen Vorsprung von 51,7 Sekunden gegenüber der Zweitplatzierten überlegen durch. Die Beste des Einzelweltcups der abgelaufenen Saison konnte so die DSV-Athletin Anna Weidel aus Kiefersfelden auf Rang zwei verweisen. Ihr folgte die Französin Lou Jeanmonnot. Nach dem Erfolg bei der Premiere 2018 und beim City Biathlon 2021 reichte es für die Weltcup-Siegerin Dorothea Wierer dieses Mal nur für die undankbare Holz-Medaille. Die DSV-Akteurinnen Hanna Kebinger und Vanessa Voigt belegten am Ende Position sechs und sieben. „Ich habe in letzter Zeit viel Schießen trainiert, wobei ich heute damit gar nicht so zufrieden war. Aber so ein Wettkampf liegt mir. Kurze Runden, schnelles Schießen – das mag ich“, erläuterte die 27-jährige Weidel, die sechs Nachlader benötigte.


Trotz all der zigfachen Olympiasieger, Weltmeister und Weltcup-Sieger in diesen Rennen: Den emotionalen Höhepunkt setzten andere. Ein Hauch von Wehmut lag in der Luft, als das bewegende Abschiedsrennen stattfand. Die ehemaligen DSV-Athletinnen Denise Herrmann-Wick, Vanessa Hinz, Maren Hammerschmidt und Karolin Horchler sagten Lebewohl. Noch einmal skatete man über die Strecke, ein letztes Mal schulterte man das Gewehr. Auch für ihre langjährige Weggefährtin Tiril Eckhoff waren es die letzten Runden ihrer erfolgreichen Laufbahn. Sie kann auf zwei goldene Medaillen bei Olympia und zehn bei Weltmeisterschaften zurückblicken. Die 33-Jährige bildete ein Gespann mit ihrer Landfrau Marte Olsbu Røiseland. Die 13-malige Weltmeisterin ging nicht mit auf die Rennstrecke, sondern absolvierte nur eine Stehend-Schießeinlage. Es wäre auch ungerecht gewesen, denn die dreifache Olympiasiegerin trat zu zweit an, schon deutlich war ihr Babybäuchlein zu sehen. Die Stimmung war geprägt von einer Mischung aus Aufregung und Melancholie, als die Athletinnen an den Start gingen. Einen richtigen Sieger gab es bei diesem Abschiedsrennen nicht – einträchtig fuhren die Meisterinnen ihres Fachs Hand in Hand zeitgleich über die Ziellinie. Hatte eine Kollegin beim Schießen ein bisschen Pech mit dem Zielwasser, warteten alle hinter der Penalty Box, bevor es dann gemeinsam weiterging. Mit stehenden Ovationen feierte das Publikum die Ausnahme-Sportlerinnen. Die Wertschätzung war förmlich greifbar. Die Zuschauer applaudierten sowohl den Leistungen auf der Strecke, als auch den Menschen hinter den Athleten. Denn es waren nicht nur die bisher gewonnen Medaillen, die in diesem Augenblick wichtig waren. Viel mehr wog die symbolische Bedeutung des Abschieds von sehr erfolgreichen Karrieren, die diesen Sport mitgeprägt haben. „Es war noch einmal ein richtig cooler Rahmen – besonders zusammen mit den Mädels. Wir haben so viele Jahre zusammen bestritten. Sich noch einmal auf einer solchen Bühne verabschieden zu können, das war einfach gigantisch. Das macht Biathlon doch aus, diese ganzen Emotionen. Und wir wollten das noch einmal zusammen genießen“, sagte Olympiasiegerin Denise Herrmann-Wick und sprach damit allen aus den Herzen. Dem Finale der Weltelite vorausgehend, erlebten die Zuschauer erneut die Youngster-Team Challenge. In diesem Mixed-Rennen erhielten zwölf aufstrebende Nachwuchsathleten die begehrte Gelegenheit, ihre Fähigkeiten vor einem breiten Publikum zu präsentieren. Mit einer Mischung aus Neugier und Aufregung traten die Nachwuchstalente auf die große Bühne und zeigten ihre Entschlossenheit, ihre technischen Fertigkeiten und ihre Wettkampfmentalität. Dieses Kräftemessen der Stars von morgen konnte das Duo Charlotte Gallbronner und Fabian Kaskel für sich entscheiden. Ihnen folgten Amy Fabienne Dunkel und Vitalyi Mandzyn auf Rang zwei – Bronze ging an das Zweiergespann Julia Tannheimer und Linus Kesper, Bundeskaderathlet vom SC Willingen. Das Duo des HSV Skiinternats mit Marie Hubl und Ansgar Klein konnte in der ersten Hälfte des Rennens gut mithalten und lag auf Platz drei, ließ aber danach am Schießstand zu viele Scheiben schwarz und musste die Konkurrenz am Ende vorbeiziehen lassen.

„Ich fand die Stimmung wieder großartig. Ich freue mich sehr, dass die Straßen so voll mit Zuschauerinnen und Zuschauern waren. Wintersport in den Sommer zu transformieren, ist natürlich nicht ganz so einfach. Aber vor der großartigen Kulisse hier in Wiesbaden mit dem fantastischen Publikum, das passt einfach sensationell gut zusammen und ich habe den Eindruck, dass die Sportlerinnen und Sportler sehr gerne nach Wiesbaden kommen“, sagte Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende. „Der City Biathlon stellt für die Athleten stets einen aufschlussreichen Gradmesser ihrer Frühform dar. Inmitten grüner Landschaften eröffnet diese ungewöhnliche Variante des Wintersports die Möglichkeit, die schon erarbeitete körperliche Verfassung zu prüfen. Dabei lassen die spannenden Rennen und die unvorhersehbaren Wendungen auf der Strecke die Herzen der Fans höherschlagen, egal ob sie an den Loipen oder vor den Bildschirmen mitfiebern“, erklärt Ralf Niedermeier. Und der Geschäftsführer der ausrichtenden n plus sport GmbH spricht hier das große mediale Interesse an. Dank der Kooperation mit der European Broadcasting Union wurde das Event aus der hessischen Landeshauptstadt in anderen europäischen Ländern gesendet. Und auch das ZDF berichtete erneut mit zwei Live-Schaltungen von den jeweiligen Finalläufen. Das sommerliche Biathlon-Fest war für die Zuschauer wieder eine besondere Gaudi und vor allem eine tolle Gelegenheit, die Zeit des Wartens auf den Saisonbeginn auf attraktive Weise zu verkürzen.

Bericht: nplus sport / S. Wintershoff
Bilder: Kevin Voigt /S. Wintershoff

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